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Co-Autor:innen
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Keine
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Sprache
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DE
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Peer Reviewed
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nein
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Abstract
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Es kann nach der vorangegangenen Untersuchung der Bemessung der Busse wegen Steuerhinterziehung festgehalten werden, dass zwischen den direkten Steuern und den Steuern des Bundes selbst dann keine Einheit vorliegt, wenn auf die Grundsätze und Begriffe des Strafrechts abgestellt wird. Betrachtet man die Steuerhinterziehung bei den direkten Steuern und den Steuern des Bundes näher, ist festzustellen, dass zwischen der direkten Bundes- und der direkten Staatssteuer eine Harmonisierung gestützt auf das StHG weitgehend vor-liegt, während der andere Bereich insbesondere mit der kürzlich erfolgten Revision des MWSTG unübersichtlich ist. Neben den wenigen auf alle Erlasse anwendbaren Bestimmungen des VStrR ist die Hinterziehung in allen Erlassen selbst geregelt und knüpft die Bemessung der Busse an unterschiedliche Anhaltspunkte. Dies ist jedoch nicht als Kritik an der Revision des MWSTG zu sehen - im Gegenteil. Die Bestrebung des Gesetzgebers, für die Begriffe des Strafrechts ausdrücklich auf dieses zu verweisen und die Busse nicht mehr am Erfolg, sondern am Verschulden zu bemessen, ist zu begrüssen. Schliesslich muss auch berücksichtigt werden, dass sich die Steuern des Bundes in der Art der Veranlagung und den Möglichkeiten zur Kontrolle der ordnungsgemässen Ablieferung unterscheiden.
Bereits mit der Einführung des Bundesgesetzes vom 9. Juni 1977 über Massnahmen gegen die Steuerhinterziehung wird das Steuerstrafrecht im Titel eines Aufsatzes von PFUND als Gestrüpp bezeichnet. Die Gründe, welche den Verfasser dieses Aufsatzes zur Wahl dieses Titels bewegt haben, führt BEHNISCH rund 23 Jahre danach in einem Vortrag auf. Auch dieser Vortrag bezeichnet das Steuerstrafrecht als Gestrüpp. Wiederum 11 Jahre später wagen BEUSCH und MALLA einen Entwirrungsversuch.74 Das Steuerstrafrecht scheint trotz den vielen Jahren und den Änderungen, die es erfahren hat, fruchtbarer Grund für kritische Auseinandersetzungen zu sein. Das Bedürfnis nach einer Vereinheitlichung wird sowohl punktuell für verschiedene Bereiche als auch für das Steuerstrafrecht als Ganzes geäussert. Die vorliegende Arbeit bestätigt, dass eine tatsächliche Vereinheitlichung bis zum heutigen Tage nicht stattgefunden hat.
Mit der am 17. Juni 2010 im Ständerat eingereichten Motion 10.3493 „Umfassende Revision des Steuerstrafrechts” beauftragt Rolf Schweiger den Bundesrat, eine umfassende Revision des eidgenössischen Steuerstrafrechts vorzuschlagen. Ein zentrales Element soll die Vereinheitlichung und Vereinfachung von Verfahren und Strafsanktion über alle Steuer- und Abgabenerlasse hinweg sein. Das Steuerstraf- und Steuerverwaltungsstrafrecht ist zu einem kaum mehr durchschaubaren Wirrwarr geworden und deshalb vollständig zu revidieren. Der Bundesrat nimmt am 25. August 2010 Stellung, beantragt die Ablehnung der Motion und führt dazu aus, dass die Unterschiede im Verfahrensrecht „mit der föderalen Struktur des Steuersystems im geltenden Recht wohl begründet“ sind. Der Bundesrat erklärt sich schliesslich bereit, die Forderung nach einer umfassenden Revision des Steuerstrafrechts zu prüfen. In der Herbstsession nimmt der Ständerat die Motion mit 19 zu 11 Stimmen an. In der Frühjahrssession 2011 erklärt Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf vor dem Nationalrat, dass sie der ESTV den Auftrag zur Erstellung einer Auslegeordnung und zum Aufzeigen von Handlungsoptionen gegeben hat. Sie beantragt die Motion abzulehnen. Der Nationalrat nimmt die Motion mit 106 zu 54 Stimmen an. Mit Pressemitteilung vom 21. September 2012 wird schliesslich bekannt, dass der Bundesrat das Eidgenössische Finanzdepartement beauftragt hat, bis im Frühling 2013 unter Einbezug der Kantone eine Vernehmlassungsvorlage zur Revision des Steuerstrafrechts und Umsetzung der Motion Schweiger auszuarbeiten. Die in der Pressemitteilung aufgeführten Eckwerte der Reform sind das einheitliche Verfahren und der einheitlicher Inhalt. In einem gleichentags erschienenen Artikel mit dem Titel „So habe ich mir das nicht vorgestellt” äussert sich Rolf Schweiger zur Absicht des Bundesrates, im Rahmen der beantragten Revision die Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug aufzuheben.
Ob und in welchem Umfang die befürchtete Aufhebung der Unterscheidung zwischen der Steuerhinterziehung und dem Steuerbetrug stattfinden wird, kann gegenwärtig nicht festgestellt werden. In Bezug auf die Vereinheitlichung des Steuerstrafrechts bleibt jedoch zu hoffen, dass eine Revision sofern sie denn stattfindet nicht genau das Gegenteil, nämlich die Verdichtung des bestehenden Gestrüpps zur Folge hat.